Haus und Hof
eine Ausstellung im Cafè Finovo auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof mit
Deniz Dogan, Till Kalischer, Nicole Messenlehner, Rainer Neumeier und Suzy van Zehlendorf
26. August bis 7. September 2022
Die Eröffnung findet im Rahmen des Projektraumfestivals statt.
Konzert von junge Haut am 1. September um 18 Uhr
English text below
Die Ausstellung Haus und Hof findet im Café Finovo, sowie im Blumenladen daneben und auf der Terrasse davor statt. Das Café ist ein besonderer Ort, es gleicht einer Wohnstube aus einer vergangenen Zeit, vollgestellt mit Nippes und Firlefanz. Blumenmalereien verzieren die Wände und Stickereien die Tischdecken. Die Möbel sind liebevoll zusammengewürfelt, keine Tasse gleicht der anderen. Mit und zwischen den Möbeln, Objekten, Blumen und Bildern wird die Ausstellung stattfinden. Die beteiligten Künstler*innen beschäftigen sich mit unterschiedlichsten Themen und arbeiten mit verschiedenen Materialien.
Ein- und Ausschlussmechanismen im Kunstbetrieb haben unterschiedlichste Gründe: Künstler*innen mit Be_hinderung bleiben in Ausstellungskontexten oft unter sich, in etablierten Kunstinstitutionen sind ihre Werke nur selten zu sehen. In dieser Ausstellung stellen Künstler*innen mit und ohne Be_hinderung gemeinsam aus.
Ein- und Ausschlussmechanismen gibt es auch hinsichtlich des Publikums. Viele Menschen erleben Hürden beim Betreten von Museen oder Galerien. Beispielsweise durch hohe Eintrittspreise oder die Befürchtung, Verhaltensvorschriften nicht zu kennen oder diese nicht zu beherrschen. Das Betreten eines Cafés fällt leichter. In dieser Ausstellung sollen sich nicht nur Kunstinteressierte willkommen fühlen, sondern auch Besucher*innen des Cafés sowie die erweiterte Nachbarschaft.
Nicole Messenlehners mehrteilige Arbeit Der Dschungel ist das Resultat ihrer Beschäftigung mit den Themen Ungerechtigkeit, Chancenlosigkeit und Flucht. Sie besteht aus einem Aquarell, einer Sound- sowie einer Stoffarbeit. Fragmente tauchen darin auf, beispielsweise das entfremdete lachende Gesicht, das wir vom Logo der Aida-Kreuzfahrschiffe kennen. Diese Schiffe befördern Tourist*innen komfortabel und sicher über das Meer, während sich in unmittelbarer Nähe Geflüchtete in existentieller Not befinden. Grundlage der Sound-Arbeit ist ein poetischer Text, den die Künstlerin selbst eingesprochen hat, der das Machgefälle zwischen Tourist*innen und Geflüchteten thematisiert.
In der Wandarbeit Penis Pattern (nach Julia Wandel) überlagern sich verschiedene Motive, die Nicole Messenlehner mittels Schablonendruck und Stickerei auf den Stoff übertragen hat. Die Arbeit verhandelt Unterdrückung und Machtmissbrauch im Zusammenhang patriarchaler Strukturen.
Deniz Dogan, Künstlerin in der Thikwa-Werkstatt für Theater und Kunst, produziert oft Werke aus Ton. Thematisch interessiert sie sich für Werbung, insbesondere für die Gestaltung von Verpackungen und die Logos von Supermärkten. Sie hat die Logos etlicher großer Supermarkt-Ketten in Keramik dargestellt. Vergleicht man diese Logos, so weisen sie Ähnlichkeiten auf: Der kurze Name der Supermarkt-Kette, grafische Elemente und sogar die Farben sind teilweise ähnlich. Dennoch sind sie unverwechselbar und wir erkennen sie sofort. Dass die Keramik-Objekte in Handarbeit gefertigt wurden, ist gut erkennbar. So stehen sie im Gegensatz zu ihrem Ausgangspunkt, den präzise gestalteten Logos.
Suzy van Zehlendorf arbeitet im Atelier der Mosaik Werkstatt. Sie beschäftigt sich intensiv mit historischen Berliner Gebäuden, vor allem mit dem Bode-Museum, das sie nicht mag. Die Skulpturen, die darin ausgestellt sind, möchte sie gerne befreien und in den öffentlichen Raum bringen. Oft zerschneidet sie Bücher und Magazine, in denen Abbildungen von Skulpturen des Bode-Museums abgedruckt sind. Die ausgeschnittenen Teile verarbeitet sie zu Collagen und dreidimensionalen Objekten. Gelegentlich klebt sie auf die ausgeschnittenen Skulpturen einen Hühnerkopf. Zudem arbeitet sie oft mit Ton und Keramik und fertigt Vogelbüsten oder Gegenstände, die Erinnerungen an Märchen wachrufen.
Rainer Neumeier ist Maler. Seine Bilder bestehen aus vielen Schichten von Acrylfarbe, die er unterschiedlich dick aufträgt. Nachdem er viele Schichten übereinander gemalt hat, beginnt er die Oberfläche abzuschmirgeln und trägt die Schichten so teilweise wieder ab. Dadurch entstehen vielfältige Bilder mit ganz unterschiedlicher Nah- und Fernwirkung. Sie erinnern an Aufnahmen mit einer Nachtsichtkamera, verbrannte Zelluloid-Filmstreifen, vergrößerte Details digitaler Bilder, Bildpixel oder Rasterpunkte, unscharfe Fotografien oder Kopien, die mit Kopierern erstellt wurden, deren Toner dringend gewechselt werden müsste.
Till Kalischer arbeitet im Atelier der Mosaik Werkstatt und kombiniert seine Zeichnungen mit Texten. In seinen Bildern sind vor allem städtische Strukturen zu sehen: Straßenbahnen, Autos, Haltestellen, Parks und Flüsse, Hochhäuser, Kirchen, Riesenräder, Brücken sowie Menschen, die in diesen Städten leben. Er zeichnet mit Tusche und Buntstiften und gestaltet die zeichnerischen Elemente farbenfroh. Manchmal ziehen sich die Straßen und Füße durch das Bild und geben ihm Struktur. Die Texte schreibt Till Kalischer dann in die Bereiche dazwischen oder ganz einfach auf die Fenster von Bussen. In seine Geschichten fließen seine eigenen Alltagserfahrungen ein, aber auch die seiner Künstler-Kolleg*innen.
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SCHNEEEULE presents exhibitions, film screenings and lectures in Berlin. Like the bird of the same name, the project space is flexible in its choice of location. The first events took place in a store in the Berlin Carré shopping center, near Alexanderplatz. After that, various spaces were played in different locations, including a garden, showcases at subway stations, a tailor's studio or a former solarium.
SCHNEEEULE organizes exhibitions and projects far away from the commercial exhibition business and art market logic. Diversity and access play an important role. Artists with different cultural backgrounds, from different generations, with or without disabilities exhibit together. Another concern of SCHNEEEULE is to make hidden and little noticed artistic positions, especially female artists, visible and to give them space for a public discussion.
The exhibition House and Yard (Haus und Hof) takes place in the Café Finovo, as well as in the flower store next to it and on the terrace in front of it. The café is located in the old St. Matthäus Kirchhof in Berlin-Schöneberg, near the S-Bahn stop Yorckstraße (Großgörschenstraße).
Café Finovo is a special place, it resembles a living room from a bygone era, filled with knickknacks and fripperies. Flower paintings decorate the walls and embroidery the tablecloths. The furniture is lovingly thrown together, no two cups are alike. The participating artists deal with a wide variety of themes and work with different materials. The artworks are presented with and between the furniture, objects, flowers and pictures.
Inclusion and exclusion mechanisms in the art business have the most diverse reasons. Artists with disabilities often remain among themselves in exhibition contexts, and their works are rarely seen in established art institutions. In this exhibition, artists with and without disabilities exhibit together. Mechanisms of inclusion and Explosion also exist with regard to the audience. Many people experience barriers when entering museums or galleries. For example, high entrance fees or the fear of not knowing or mastering behavioral rules. Entering a café is easier. In this exhibition, not only people interested in art should feel welcome, but also everyone else.